Team "Von 0 auf 60" testet die neue Rennstrecke
Irgendwo unter dem Menüpunkt „Leben in Köln“ teilt die Stadt Köln mit: „Die Sanierung der Mülheimer Brücke ist unvermeidbar. Es müssen Teile des rund einen Kilometer langen Brückenzuges komplett neu gebaut werden […] Dies ist mit erheblichen Auswirkungen auf den Individualverkehr verbunden.“ Das hat ungeahnte Konsequenzen, auch für den mehr oder weniger ambitionierten Hobbyradrennfahrer, der sich mal im Jedermannrennen von „Rund um Köln“ messen will. Dort fuhr man nämlich bisher immer über die Mühlheimer Brücke.

Für manche – so sagt die Legende – war dies stets der erste Berg, der ihnen nach knapp sieben Kilometern Vollgas das Highspeedvergnügen verhagelte. Dieses Jahr kommt der erste Berg bereits nach nicht einmal zwei Kilometern und nennt sich Deutzer Brücke, wegen des desolaten Zustands der Mühlheimer Brücke. Und nicht nur das: Am zweiten Berg (oder ersten Hügel, je nachdem wie man als Radfahrer zum Bergauffahren steht), dem Trostwald, ist auch irgendwas nicht so gut in Schuss. Keine Ahnung was, aber die Baustelle ist groß. Deshalb muss auch für den Trostwald Ersatz her. Es geht dieses Jahr die Steigung nach Grimberg und Hüttchen hoch. Man fährt also am Ortsende von Odenthal nach links statt nach rechts, in Richtung des Altenberger Doms, bevor es dann etwas steiler wird.
Wo soll es denn losgehen?
Alles sehr verwirrend also für denjenigen, der das Rennen die letzten Jahre auf Autopilot fuhr. Im Rahmen der Rennvorbereitung des Projektes „Von 0 auf 60“ hält Trainer und Projektleiter Peter Zaun es deshalb für Sinnvoll die Rennstrecke noch einmal vorher abzufahren. Denn Streckenkenntnis hilft bekanntlich. Vieles ist zwar gleich geblieben, an zwei Stellen aber muss man sich auf signifikante Änderungen einstellen. Mach es das leichter oder schwerer? Ist es egal? Das wollen wir heute rausfinden. Das wird allerdings etwas dauern. Denn um die Verwirrung komplett zu machen: Wir starten nicht wie beim Rennen am Harry-Blum-Platz, sondern in Refrath, also so ungefähr nach der Hälfte bis zwei Drittel der Strecke. Die Frage, die ich mir nun bei meinem morgendlichen Kaffee stelle, ist: Wie „gemein“ ist Peter Zaun drauf? Wiegt er ins in schöner Sicherheit und steigt mit den Wellen von Forsbach ein und lässt uns den kompletten schwierigen Abschnitt (Trostwald-Ersatz, Sander Berg und Schlossberg) zum Schluss fahren oder jagt er uns kalt zuerst den Schlossberg hoch und dann auf die Wellen?
Peter wählt den Schlossberg als Einstieg. Das mag für manche heftig sein, dafür – so Peters Argument – kommen Sander Berg und Schlossberg nicht direkt hintereinander. Ganz egal, wie man es sieht, am Ende sind die absolvierten Höhenmeter dieselben.
Obacht auf den ersten Kilometern

Es geht also spektakulär los auf dem unveränderten Streckenabschnitt, schön in möglichst dickem Gang das Kopfsteinpflaster zum Bensberger Schloss hochdrücken. Danach geht es unspektakulär weiter mit dem letzten Streckenabschnitt. Dort gibt es keine großen Schwierigkeiten – von Forsbach zurück nach Köln kommt es am Renntag eher auf die mentale Fitness an: Schlaglöcher, Verkehrsinseln, dazu gesellen sich zu denen, die die 67-km-Runde fahren, die ersten der 127-km-Runde. Es wird also voller, die Straßen nach Köln rein an manchen Stellen schmaler. Heute – ohne die anstrengenden Rennkilometer in den Beinen – ist das eine relativ entspannte Angelegenheit.
Dann aber wird es interessant. Veränderung. Früher also fuhr das Feld nach dem Start unter der Deutzer Brücke durch und dann in den Rheinufertunnel. Danach ging es immer schön gerade aus, und schließlich fuhr man in ca-90-Grad-Kurve auf die Mühlheimer Brücke. Die neue Strecke ist schon auf den ersten Kilometern etwas anspruchsvoller. Im Grunde bleibt einem nach dem Start kaum Zeit, seinen Platz im Feld zu finden. Statt in den Rhein-Ufer-Tunnel geht es nun zunächst 90 Grad nach Links und dann in einem langgezogenen 180-Grad-Bogen um das Maritim-Hotel auf die Deutzer Brücke, wobei die Straße zwischendurch recht schmal wir. Es ist also höchste Aufmerksamkeit angebracht – noch mehr als in den letzten Jahren. Nach der Deutzer Brücker geht es direkt nach links an der Deutzer Freiheit, dem Deutzer Bahnhof auf der rechten Seite und RTL auf der linke Seite vorbei auf den Auenweg. Auch hier gilt Obacht! Der Auenweg ist recht schmal, es warten zwei Kreisverkehre und – aufgrund einiger Raserunfälle in der Vergangenheit – Fahrbahnteiler.

Gefahr vor Wiener Platz
Auf Höhe der Mühlheimer Brücke, kurz bevor es wieder auf die bekannte Strecke geht, lauert noch eine Gefahr. Hier kreuzt normalerweise die Straßenbahn die Straße, allerdings schräg, so dass die Schienen fast parallel zur Straße laufen. Selbst, wenn man alleine oder in einer kleinen Gruppe und nicht im Renntempo fährt, muss man höllisch aufpassen, notfalls gegenlenken oder gar einen Schlenker fahren. Das kann in einer großen, schnellen Gruppe schnell ins Auge gehen. Es bleibt zu hoffen, dass die Schienen im Rennen mit Gummimatten oder ähnlichem abgedeckt werden. Anschließend geht es wie gewohnt weiter über Höhenhaus und Schildgen nach Odenthal. Hier muss man nochmal kurz den Kopf anschalten und sollte im Kreisverkehr am Ortsausgang nicht mit schlafwandlerischer Sicherheit den ersten Ausgang nehme, sondern weiter in Richtung Altenberger Dom fahren. Nach ein paar Kilometern geht es dann rechts rein zum Anstieg nach Grimberg und Hüttchen, bevor man wieder auf die altbekannte Strecke und die mehr oder weniger liebenswerten Wellen nach Bechen kommt. Ab Da läuft alles wieder wie gewohnt – Schanze, Spitze, Sander Berg, Schlossberg, Rösrath, Schmitzebud, rein nach Kölle, über die Severinsbrücke kacheln, ins Ziel und dann ein erfrischendes Kaltgetränk.
Im Grunde nicht großartig anders
Für uns ist heute nach dem Sander Berg Schluss, denn wir haben ja das Ende vorgezogen. Bitterkalt, als wir losfuhren, doch mit den Kilometern kam die Sonne. Insgesamt ein gelungener Streckentest. Bleibt nur noch ein Fazit zu ziehen: Die Mühlheimer Brücke ist der optimale Punkt, den Rhein zu überqueren – das wird umso deutlicher, wenn sie nicht zur Verfügung steht. Das Feld beruhigt sich ein wenig nach dem Start. Die Straße, die auf die Brücke führt, ist breit. Für meinen Geschmack kommt die Deutzer Brücke ein wenig zu früh, auch ist die Auffahrt aufgrund der baulichen Gegebenheiten und das Umfahren des Maritim-Hotels – etwas komplizierter. Aber was sind die Alternativen? Über die Zoobrücke zu fahren wäre noch komplizierter und die Leverkusener Brücke liegt viel zu weit draußen. Der Streckenabschnitt über den Auenweg nach Mühlheim verlangt nach höchster Aufmerksamkeit – es ist die erste Phase des Rennens, und die Kreisverkehre und baulichen Eingriffe zur Verkehrsberuhigung können kleine Unachtsamkeiten sofort bestrafen.
Der „Ersatzberg“ über Grimberg und Hüttchen ist im Grunde nur eine „Verschiebung“, die beiden Aufstiege sind sich ziemlich ähnlich. Wobei meinem Gefühl nach der Trostwald die etwas steileren Passagen bereithält und der neue Anstieg etwas leichter ist und das Feld möglicherweise nicht so selektiert. Es ist eine Geschmackssache, mir persönlich fällt der neue Anstieg etwas leichter. Für die meisten Teilnehmer zählt am Ende der Spaß und den kann man auch auf der neuen Strecke haben. Freuen wir uns auf einen hoffentlich schönen und gelungenen Renntag.