Die Defekthexe vom Balkan
Crazy Wetter
Wow, so schnell kann's gehen. Samstag vor einer Woche hab ich morgens nach die Spikes auf meinen Crosser aufgezogen, um dick eingemummelt durch den Schnee zu fahren. Heute Morgen überlege ich, nachdem ich gestern auf meiner privaten 90-km-Tour ziemlich ins Schwitzen geraten bin, ob ich nicht vielleicht eine kurze Hose anziehen soll – crazy Wetter. Aber ich trau mich dann doch nicht. Es ist zwar gefühlt 20 Grad, real immerhin 12 Grad wärmer als vor zwei Wochen, es ist aber auch zehnmal grauer, fühlt sich an, als käme man vom Winter direkt in den Herbst. Der Blick in den Himmel, lässt Zweifel aufkommen, ob der seine Ankündigung, seine Schleusen geschlossen zu halten, ernst meint. Sagen wir mal: Vom nach Draußen gucken wird es einem nicht unbedingt warm.
Es läuft nicht rund

Es geht den üblichen Weg über Odenthal, den Anstieg nach Glöbusch über Blecher zur Balkantrasse, die ehemalige Bahnstrecke Wuppertal-Oberbarmen-Opladen, die laut Wikipedia "wegen der Streckenführung durch dünnbesiedeltes Gebiet und des bergigen, kurvenreichen Trassenverlaufs auch Balkanexpress genannt" wurde. Heute fährt kein Zug mehr, Reste von Bahnsteigen und einige Brücken erinnern daran, dass es hier mal öffentlichen Nahverkehr gab, es sind hauptsächlich Radfahrer und Spaziergänger unterwegs. Und Hexen und kleine Teufel scheint es hier zu geben, kleine Defekthexen und hinterlistige Pannenteufel, die nach nicht mal einem Kilometer auf der Trasse zuschlagen. Zusammen mit dem Regen. War es vor zwei Wochen noch hauptsächlich die Kälte, die an den Kräften gezehrt hat, so sind es heute die allgegenwärtige Nässe, die Hexen und die Teufel – also Pannen und die damit verbundenen Zwangspausen, denn die Panne bleibt kein Einzelfall – in beinahe regelmäßigen Abständen ist irgendein Reifen platt. Dieses immer wieder kehrende Stehenbleiben im leichten Regen ist anstrengender als die insgesamt auf 66 Kilometern zu absolvierenden knapp 1.000 Höhenmeter, es ist eine Ausfahrt für den Kopf, nicht so sehr für die Beine.
Laune und Konzentration sinken

Es geht über einen Teil der Balkantrasse nach Wermelskirchen, anschließend über kleine, wellige Straßen nach Dhünn, mit teils heftigen kurzen Anstiegen. Die Müdigkeit nimmt mit jedem Kilometer und jeder Panne – am Ende sind es vier – zu, die Laune und Konzentration ab. Man merkt es an den üblichen Indikatoren, Gespräche nehmen ab, Handzeichen werden nur noch unregelmäßig gegeben, saubere Zweierreihe ist die Ausnahme. Am Ende wartet noch der Sander Berg – auch Teil des Rund-um-Köln-Rennens – ein steiler Anstieg mit bis zu knapp 20 Prozent Steigung, für viele in der Gruppe nach der langen Zeit auf (und neben) dem Rad nur mit allerletzter Kraft zu bewältigen. Es mag zäh gewesen sein, es mag weniger Spaß gewesen sein als sonst – der Trainingsstand ist absolut im grünen Bereich, denn die Saison geht erst jetzt richtig los.
Auch wenn Peter nicht dabei war, er lässt sich genau berichten, und er weiß genau, in welchem Stadium des Wintertrainings wir uns befinden, und deshalb trifft seine Analyse trotz Abwesenheit ins Schwarze: "Das Wintertraining neigt sich dem Ende und daher werden auch die Ausfahrten intensiver. Wir schwenken langsam aber sicher auf die Tempo-/Kraftausdauer um. Von daher ist es auch nicht verwunderlich, dass Euch, trotz der gestrigen kurzen Distanz, das Streckenprofil forderte. Vielleicht haben aber auch die Defekte dafür gesorgt, dass Euch jedes Mal der Rhythmus genommen wurde und so die Runde auch mental zäh erschien." Ich unterschreib das.